Zwei Frauen umarmen sich; symbolisiert Lipödem-Vererbbarkeit
Lipödem
8 Minuten

Ist Lipödem vererbbar? Die Rolle der genetischen Veranlagung

Wenn Sie ein weibliches Mitglied der Familie sind und Ihre Mutter oder Großmutter an einem Lipödem erkrankt ist oder war, dann könnte Sie die Erkrankung ebenfalls betreffen. Heutzutage leiden sehr viele Frauen an einem Lipödem. Dabei scheint die chronische Fettverteilungsstörung in Phasen hormoneller Umstellungen wie aus dem Nichts aufzutreten. Oft betrifft es Mädchen oder Frauen, die ansonsten einen schlanken Körper haben. Dann bilden sich plötzlich Schwellungen insbesondere an Armen oder Beinen, die zu argen gesundheitlichen Problemen führen und emotional stark belastend sein können.

Wodurch ein Lipödem entsteht, ist wissenschaftlich noch nicht abschließend geklärt. Da die Erkrankung des Fettgewebes jedoch hauptsächlich Frauen betrifft, liegt ein Zusammenhang mit den weiblichen Hormonen nahe. Als möglicher Auslöser gelten daher signifikante hormonelle Veränderungen, wie sie in der Pubertät, während der Schwangerschaft oder in den Wechseljahren auftreten. Darüber hinaus vermuten Forschende, dass die genetische Veranlagung eine entscheidende Rolle spielt. In unserem heutigen Blogbeitrag gehen wir den Fragen nach, die viele Frauen beschäftigen: Ist ein Lipödem vererbbar? Bin ich bei einem Lipödem in der Familie automatisch betroffen? Und wie hoch ist das Lipödem-Risiko für mich? Überdies werfen wir einen Blick in die Wissenschaft der Vererbung und schauen, ob sich eine Veranlagung beeinflussen lässt.

Welche Rolle spielt die Genetik bei Lipödem?

Allgemein kann sich die Genetik auf verschiedenartige Erkrankungen auswirken. Dazu zählen Diabetes, Herzkrankheiten, Fettleibigkeit, Krebs oder auch psychische Erkrankungen. Dies ist in der „Leitlinie Lipödem“ beschrieben, die von der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie und Lymphologie e. V. (S2K-Lipödem, 5.0, 2024) herausgegeben wurde. Die genetische Veranlagung erhöht die Wahrscheinlichkeit, bestimmte Erkrankungen zu entwickeln. In der Fachsprache sind hierfür auch die Begriffe der genetischen, familiären oder erblichen Prädisposition bekannt. Sie kann durch eine Veränderung des Erbguts entstehen und von Eltern auf ihre Kinder vererbt werden. Aus diesen Gründen sehen viele Wissenschaftler ebenfalls einen möglichen Zusammenhang mit Lipödem-Erkrankungen innerhalb einer Familie. Wobei auch Väter oder Großväter die Krankheit vererben können, ohne dass sie bei ihnen selbst ausbricht.

Die medizinische Grundlage des Lipödems wird durch die Schwierigkeit in der eindeutigen Diagnostik eingeschränkt. Insbesondere in den frühen Stadien wird die Fettverteilungsstörung selten erkannt. Auch können sich die Symptome mit anderen Erkrankungen überschneiden. So wird ein Lipödem häufig mit Übergewicht verwechselt, was dazu führt, dass sich betroffene Frauen von ihrem persönlichen Umfeld sowie von Ärzten unverstanden fühlen. Dabei handelt es sich bei einem Lipödem um eine ernst zu nehmende Erkrankung des Fettgewebes, die sich nicht durch Diäten oder Bewegung regulieren lässt. Falsch oder unbehandelt führt sie unweigerlich zu massiven gesundheitlichen Störungen, die den Alltag erheblich einschränken können. Zum Beispiel kann das Treppensteigen Probleme durch ein schmerzhaftes Ziehen in den Beinen bereiten oder das Heben der Arme über den Kopf mit Schmerzen verbunden sein. Aus diesen Gründen ist eine frühzeitige und fachliche Diagnose von entscheidender Bedeutung. Der Vorteil: Sofern es in der Familie bereits diagnostizierte Lipödem-Erkrankungen gibt, lassen sich die auftretenden Symptome bei den nachfolgenden Generationen besser zuordnen.

 

Hinweis: Ob Sie an einem Lipödem leiden, was Sie bei einem Verdacht selbst tun können und welcher Arzt eine eindeutige Diagnose stellen kann, erfahren Sie weiter unten auf dieser Seite.

 

Lässt sich die Epigenetik bei einem Lipödem zunutze machen?

Innerhalb der Biologie gibt es ein noch recht junges Forschungsgebiet, das sich mit erblichen Veränderungen in den Genen befasst. Während sich die eigentliche DNA-Sequenz nicht verändert, wird jedoch die Aktivität der Gene direkt beeinflusst. Gemeint ist hier die Epigenetik. Sie wird als Bindeglied zwischen Umwelteinflüssen und den Genen verstanden. Die Bezeichnung setzt sich aus den Begriffen Epigenese (Entwicklung eines Lebewesens) und Genetik (Wissenschaft der Vererbung) zusammen. Vereinfacht ausgedrückt fungiert die Epigenetik als „Schalter“ im Erbgut. Sie ist mitbestimmend, unter welchen Umständen welches Gen an- oder ausgeschaltet wird. Auch hierzu finden Sie in der „Leitlinie Lipödem“ weitere Informationen, die von der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie und Lymphologie e. V. (S2K-Lipödem, 5.0, 2024) herausgegeben wurde.

Sicher fragen Sie sich, welche Umwelteinflüsse hier ursächlich sind. Es handelt sich nicht etwa um den Klimawandel oder das saisonale Wetter. Und Sie werden überrascht sein, dass Sie viele dieser Auslöser aktiv beeinflussen können. Gemeint sind Faktoren wie beruflicher oder privater Stress, Ernährung und Gewohnheiten oder Hormonveränderungen, die durch die Antibaby-Pille hervorgerufen werden. Im Umkehrschluss würde sich die Vererbung durch einen veränderten, „gesünderen“ Lebensstil positiv beeinflussen lassen. Also ließe sich in der Theorie auch ein Lipödem durch Epigenetik verbessern. Doch genauso wie das Lipödem selbst sind diese Aspekte noch nicht hinreichend untersucht oder bestätigt.

Wird das Lipödem immer vererbt?

Die gute Nachricht ist, dass nicht jede Frau automatisch an einem Lipödem erkrankt, auch wenn es in der Familie bei Mutter oder Großmutter Fälle gab. Es ist also möglich, Trägerin einer Veranlagung zu sein, ohne dass die Erkrankung selbst je ausbricht. Doch auch dann kann die genetische Veranlagung auf die nächsten Generationen übertragen werden. Tochter oder Enkelin können an einem Lipödem erkranken – oder auch nicht. Sollten jedoch bei den weiblichen Nachkommen in dieser familiären Linie irgendwann klassische Symptome auftreten, spricht vieles dafür, dass die Lipödem-Veranlagung vererbt wurde.

Viele Mütter machen sich Gedanken, ob ihre Kinder die Veranlagung zum Lipödem geerbt haben, wenn sie selbst daran erkrankt sind oder es in der Familie bereits Erkrankungen gab. Leider gibt es noch keine Möglichkeit, vorab zu testen, ob die Nachkommen ebenfalls betroffen sind und die Veranlagung in sich tragen. Erst ab der Pubertät, die als ein möglicher Trigger für das Lipödem gilt, lässt sich ein Verdacht näher eingrenzen: Etwa dann, wenn der Teenager stämmige Beine entwickelt, ansonsten aber einen schlanken Körper hat. Dies könnte ein erstes Zeichen für eine Lipödem-Erkrankung sein. Treten weitere klassische Beschwerden wie Schmerzen, Druckempfindlichkeit oder eine verstärkte Neigung zu blauen Flecken auf, sollten Eltern den Rat eines erfahrenen Arztes einholen.

Lipödem bei Transsexualität

Bei einem Lipödem handelt es sich um eine Erkrankung, die fast ausschließlich weibliche Personen betrifft. Jungen und Männer sind eher nicht betroffen. Daher vermutet die Wissenschaft, dass die Entwicklung eines Lipödems mit den weiblichen Hormonen in einem direkten Zusammenhang steht.

Doch wie verhält sich eine Lipödem-Veranlagung innerhalb der Transsexualität? Etwa wenn eine Person mit den Merkmalen eines Jungen geboren wird und später feststellt, eigentlich ein Mädchen zu sein? Dieser Person stehen heutzutage verschiedene Möglichkeiten offen, die Geschlechtsidentität dem eigenen Empfinden anzupassen, etwa in sozialer, medizinischer oder rechtlicher Hinsicht. Zur Verfügung stehen zum Beispiel Hormontherapien oder operative Geschlechtsangleichungen. Vielfach umfasst die medizinische Angleichung eine Kombination aus unterschiedlichen Maßnahmen.

Durch die Hormonanpassung ist es möglich, dass eine inzwischen weibliche Transgenderperson ein Lipödem ausbildet, obwohl sie als Mann geboren war. Dabei liegt der Verdacht nahe, dass die Erkrankung durch die Geschlechtsumwandlung und/oder eine begleitende Hormontherapie ausgelöst wurde. Eine klinische Bestätigung gibt es hierfür jedoch bislang nicht. Aktuell berichten die Medien über eine deutsche Prominente, bei der ein Lipödem aufgrund einer Hormontherapie diagnostiziert wurde.

 

Hinweis: Auch als Transgenderperson sind Sie uns in den Kompetenzzentren von LIPOCURA® herzlich willkommen. Lassen Sie sich von unseren Fachärzten beraten, wenn Sie an einem Lipödem leiden oder sich eine eindeutige Diagnose wünschen.

Wie finde ich heraus, ob ich vom Lipödem betroffen bin?

Ein Lipödem macht sich durch mehr oder weniger auffällige Merkmale bemerkbar. Zu den Kennzeichen gehören unproportionale Schwellungen des Fettgewebes, die meist beidseitig symmetrisch vorwiegend an Armen oder Beinen auftreten können. Weiterhin umfassen die charakteristischen Lipödem-Symptome Schmerzen in den betroffenen Körperregionen sowie Druckempfindlichkeit, schwere Gliedmaßen, erhöhte Hämatomneigung oder ein verstärktes Kälteempfinden. Wenn Sie solche Anzeichen bei sich feststellen, könnte es sich um ein Lipödem handeln. Sie haben die Möglichkeit, den von unseren Ärzten entwickelten Selbsttest anzuwenden, der Ihnen weitere Hinweise gibt. Für eine endgültige Diagnose sollten Sie ärztlichen Rat einholen und sich untersuchen lassen.

Eine erste Diagnose kann sicher auch Ihr Hausarzt stellen. Doch das Lipödem erfordert häufig Spezialwissen, das oft nur Fachärzte bieten. Dazu gehören Phlebologen (Venenärzte), Lymphologen (Gefäßmediziner) oder Fachärzte für Plastische und Ästhetische Chirurgie. Die Fachmediziner führen während der Untersuchung eine Reihe von Tests durch. Diese umfassen unter anderem Tastuntersuchungen, Kneiftests, Stemmersches Zeichen sowie Ultraschall- und Schnittbildverfahren. Dadurch lassen sich Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen abgrenzen sowie ein Lipödem erkennen oder ausschließen.

Gibt es Möglichkeiten, das Risiko der Lipödem-Vererbung zu minimieren?

Eines der wesentlichen Merkmale einer chronischen Fettverteilungsstörung ist dessen Resistenz gegenüber Ernährungsmaßnahmen oder sportlichen Aktivitäten. Deshalb wird Ihnen eine bewusste und gesunde Lebensweise nicht dabei helfen, eine Lipödem-Erkrankung zu verhindern oder das Risiko einer Vererbung zu reduzieren. Dennoch kann sich ein angepasster Lebensstil positiv auf die Entwicklung eines Lipödems auswirken. Denn nicht selten kommt es zu Begleiterkrankungen wie Adipositas oder Diabetes, die sich wiederum durch Sport und eine angepasste Ernährung besser bewältigen lassen.

Wichtig zu wissen ist, dass eine Lipödem-Erkrankung eine längere Entwicklungsphase mit verschieden schweren Stadien durchläuft. Deshalb spielen Früherkennung und die Einleitung einer individuellen Behandlungstherapie entscheidende Rollen, wenn es um die Verbesserung der Gesamtsituation geht. Die Aussichten auf eine Rückgewinnung der Lebensqualität sind im Frühstadium wesentlich größer.

Welche Behandlungsmöglichkeiten bei Lipödem gibt es?

Nach heutigem Stand der Erkenntnisse gibt es keine Möglichkeit, das Lipödem vollständig zu heilen, es handelt sich um eine chronische Erkrankung. Dennoch gibt es verschiedene Behandlungsansätze, die dabei helfen, die Symptome zu reduzieren und sogar eine völlige Beschwerdefreiheit zu erzielen. Neben konservativen Maßnahmen wie das Tragen von Kompressionskleidung oder die manuelle Lymphdrainage zählt insbesondere die Liposuktion dazu. Tatsächlich stellt die operative Fettabsaugung nach aktuellen Erkenntnissen die einzig wirksame Methode dar, um die Symptome dauerhaft zu bekämpfen. Die Schmerzen lassen nach oder verschwinden ganz und die Körpersilhouette verändert sich positiv. Einmal entferntes erkranktes Fettgewebe kann sich dort nicht erneut bilden.

In den LIPOCURA® Fachzentren führen wir Liposuktionen seit mehr als zehn Jahren erfolgreich durch. Dabei wenden unsere erfahrenen Fachärzte ein ganzheitliches Behandlungskonzept an, das den gesamten Körper und die Lebenssituation der Patientinnen betrachtet. Anhand einer umfassenden Anamnese und fachlicher Beratung entwickeln wir eine individuelle Maßnahmenkombination, die ebenfalls die persönlichen Wünsche berücksichtigt.

Fazit: Was bedeutet die genetische Veranlagung für Betroffene?

Die krankhafte Fettverteilungsstörung im weiblichen Körper ist noch nicht vollständig erforscht. Weiterhin gibt es zwar noch keine Bestätigung, dass ein Lipödem vererbbar ist, jedoch spricht die Häufung einer Erkrankung innerhalb der Familie dafür. Während von einer Lipödem-Erkrankung fast nur Mädchen oder Frauen betroffen sind, kann die Vererbung auch von der männlichen Linie einer Familie ausgehen. Ebenso können Transgenderpersonen von einem Lipödem betroffen sein, mit einer Hormontherapie als möglicher Auslöser.

Auch wenn das Lipödem genetisch bedingt zu sein scheint, müssen nicht zwangsläufig alle (weiblichen) Mitglieder einer Familie daran erkranken. Doch sie können die Veranlagung weitervererben. Die gute Nachricht ist, dass sich das Lipödem unabhängig vom aktuellen Stadium bekämpfen lässt und oft eine völlige Beschwerdefreiheit erreicht werden kann. Dabei sind eine frühzeitige Diagnose durch einen Facharzt und ein rascher Behandlungsbeginn von Vorteil. In den LIPOCURA® Fachzentren setzen wir uns mit unserer langjährigen Erfahrung und einem umfassenden Fachwissen dafür ein, dass es Ihnen bald wieder besser geht.

 


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